Fussball pur statt Eventkultur
Nachdem die Saison 2022/23 abgeschlossen ist, bleibt während der Sommerpause Zeit, Blick und Gedanken über den Lautrer Tellerrand hinaus schweifen zu lassen und sich näher mit dem ein oder anderen Auswuchs des modernen Fußballs zu befassen, auch wenn wir in Kaiserslautern nicht direkt davon betroffen sind. Einen dieser Auswüchse möchten wir Euch im Rahmen unserer ‚Fussball pur statt Eventkultur‘-Reihe näher bringen. Aufhänger dafür waren Aussagen des UEFA-Chefs Aleksander Ceferin, der mit der Austragung des Champions League Finals in den USA liebäugelte. Einen kritischen Blick auf die immer mehr zur Mode werdende ‚Markterschließung‘ über die eigenen Landesgrenzen hinaus, möchten wir euch in den folgenden Zeilen etwas näher erläutern.
Es ist wohl schwierig, einen mehr durchkommerzialisierten Sport als American Football und dessen Liga, die NFL, zu finden. Ein Sport, der lediglich in den Vereinigten Staaten die beliebteste Sportart darstellt mit einer Liga, welche bis vor ein paar Jahren auch ausschließlich dort angesehen und vermarktet wurde. Als sich jedoch im letzten Jahrzehnt vermehrt Menschen aus Europa für ihn zu begeistern begannen, zögerten die Besitzer der NFL nicht lange und ließen amerikanische Mannschaften erst Meisterschaftsspiele in England und seit kurzem auch in Deutschland austragen. Dieser Opportunismus scheint nun auch bei Verantwortlichen der UEFA hervorzutreten. In Europa, der Heimat des Fußballs und der Geburtsstätte moderner Fußball- und Fankultur, wäre nämlich bis vor kurzer Zeit wohl niemand auf die Idee gekommen, den Spieß umzudrehen und Pflichtspiele europäischer Mannschaften auf einem anderen Kontinent, insbesondere Nordamerika auszutragen, nur um mehr Gewinne zu erwirtschaften. Immerhin sind die US-Amerikaner gemeinhin nicht unbedingt für eine große Fußballleidenschaft bekannt. Vor ein paar Wochen äußerte UEFA-Boss Aleksander Ceferin jedoch seine Pläne, in naher Zukunft ein Endspiel der UEFA Champions League in den USA austragen zu wollen.
Diese Entwicklung zur exzessiven Vermarktung von Fußball auf der anderen Seite des Teichs begann wohl vor circa zehn Jahren, als international erfolgreiche Klubs aus Europa damit begannen, Trainingslager und Testspiele in Amerika abzuhalten. Man erinnere hier beispielhaft an das Testspiel zwischen Real Madrid und Manchester United in Michigan, welches 2014 vor einer Kulisse von fast 110.000 Zuschauern gespielt wurde. In den letzten Jahren wurde es in Deutschland auch für kleinere Teams immer mehr zum Usus, Trainingslager in Übersee, speziell in den USA, abzuhalten. Diesen Sommer ist nun der FCK dran und der Weg führt für zwei Testspiele in die Staaten. Ein Sommertrainingslager in der heimischen Pfalz, wie es früher gang und gäbe war, gibt es zumindest in diesem Sommer nicht. Keine Testspiele auf kleinen Dorfplätzen vor mehreren tausend Zuschauern, keine kleinen Kinder, die ihren Idolen hautnah beim Spielen zusehen können oder nach Abpfiff auf den Platz rennen, um sich das Trikot von ihrem Lieblingsspieler signieren zu lassen. Nein, nicht mal mehr ein Trainingslager in Südtirol, was von Kaiserslautern aus immer noch ohne allzu große Reisestrapazen zu erreichen war. Dieser Teil der Fußballkultur scheint mittelfristig vom Aussterben bedroht zu sein. Auch dies ist ein Teil der Entwicklung, die die Hemmschwelle von hochrangigen Fußballfunktionären sinken lässt, dort nun auch Pflichtspiele austragen zu lassen.
Was bedeutet es aber konkret für Fans, wenn ein CL Finale nicht mehr in Mitgliedsstaaten der UEFA, sondern in mehreren tausend Kilometern Ferne ausgetragen wird? Die Finals der Champions League wurden bisher grundsätzlich immer in europäischen Metropolen ausgetragen. Hier sind München, London, Madrid oder Cardiff beispielhaft zu nennen. All diese Städte sind aus Mitteleuropa und Südeuropa, die mit Abstand die meisten Finalisten stellen, bequem und mittlerweile dank Ryanair und Co. recht günstig per Flugzeug zu erreichen, aber auch die Anreise per Bus oder Zug stellt die Fans hier vor keine großen Probleme. Nun stelle man sich jedoch einmal vor, ein Finale würde in Los Angeles, anstatt in London ausgetragen. Das CL Finale in Wembley 2013 sollte jedem noch ein Begriff sein, als Fans aus Dortmund und von Bayern das 90.000 Menschen fassende Stadion in London füllten. Mehrere zehntausend Fans der beiden Mannschaften hatten sich aus Deutschland auf die Reise in die britische Hauptstadt gemacht, um ihr Team zu unterstützen. Wie viele Fans hätten es sich wahrscheinlich leisten können eine mehrtägige Reise in die USA anzutreten, um ihre Mannschaft zu sehen? Fans, die ihre Mannschaft das ganze Turnier über begleitet haben, in der Gruppenphase an die entlegensten Orte gereist sind und tausende von Euros für zig europäische Auswärtsspiele ausgegeben haben, müssten amerikanischen Kunden den Vortritt lassen, denen der Name ihres Teams bis vor ein paar Jahren wahrscheinlich noch nicht einmal geläufig war. Anhängern würde die Möglichkeit genommen, mit tausenden von Gleichgesinnten eine große Fußballparty zu feiern und möglicherweise den größten sportlichen Erfolg ihres Teams mitzuerleben. Und das alles nur, damit die UEFA die Vermarktung der Marke Fußball vorantreiben und pünktlich zur Nordamerika-WM 2026 auch ein CL Finale (die Finals bis einschließlich 2025 sind schon fix vergeben) dorthin vergeben kann.
Um also nicht zum europäischen Pendant der NFL und deren Kommerz zu werden und um zu verhindern, dass in Zukunft allerhand Pflichtspiele unserer Mannschaften nicht nur in Amerika, sondern womöglich bald auch in Asien stattfinden, gilt es für uns Fans, dieser Entwicklung wieder Herr zu werden, sodass die UEFA um Ceferin mit einem CL Finale in den USA keinen Fuß in die Tür bekommt, um weitere Reformen vorzunehmen und damit auf unsere Kosten den potenten amerikanischen Markt ausnehmen kann.
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